Informationen zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Das AGG hat auch und ganz besonders im Arbeitsverhältnis und bei Bewerbungen eine wichtige Bedeutung. Es hat den Zweck, Benachteiligungen z. B. aus Gründen des Alters, des Geschlechts, einer Behinderung, der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, der sexuellen Orientierung etc. zu verhindern oder zu beseitigen.

Das Gesetz gilt für alle Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens, aber wie gesagt, ganz besonders im Arbeitsverhältnis. Dort betrifft es nicht nur das Verhältnis Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sondern auch das von Arbeitnehmern untereinander und auch die Rechtsbeziehungen zu Dritten.

Gemäß § 7 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Vereinbarungen, also vertragliche Regelungen im weitesten Sinne, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, sind unwirksam.

Unter Benachteiligung versteht man eine gegenüber Anderen schlechtere (direkte oder auch indirekte) Behandlung aus einem der im Gesetz aufgezählten Gründe.

1.

Eine direkte oder unmittelbare Benachteiligung stellt es z. B. dar, wenn ein Mitarbeiter von Kollegen wegen seiner Homosexualität aufgezogen oder gar drangsaliert wird, oder wenn sich ein Kollege über einen anderen in den sozialen Medien oder betriebsintern wegen seiner Herkunft, Religion oder Hautfarbe in irgendeiner Weise negativ äußert.

2.

Von einer indirekten oder mittelbaren Benachteiligung spricht man, wenn z. B. eine betriebsinterne Regelung, die nach außen ziemlich neutral formuliert ist, wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes jemanden benachteiligen könnte und dies sachlich gerechtfertigt ist.

Ein Beispiel: Der Arbeitgeber stellt Kriterien zur Beurteilung von Mitarbeitern auf, in denen die Bereitschaft zur Übernahme von nach Diensten besonders hervorgehoben oder gar belohnt wird. Das benachteiligt schwangere Arbeitnehmerinnen, für die nach dem Mutterschutzgesetz einer Nachtarbeitsverbot besteht. Diese Mitarbeiterinnen werden dann mittelbar benachteiligt.

3.

Auch Belästigungen sind verboten, § 3 Abs. 3 und 4 AGG. Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 AGG genannten Grund Zusammenhängen bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Personen verletzt und ein von Einschüchterungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Einmalige Handlungen reichen nicht aus, sie stellen noch keine Belästigung dar, gemeint sind vielmehr Handlungen, die immer wieder bzw. öfter vorkommen. Hierher gehört z. B. alles, was gemeinhin als Mobbing bezeichnet wird, auch sexuelle Belästigungen stellen eine verbotene Benachteiligung im Sinne des AGG dar.

Es ist nicht unbedingt erforderlich, dass die Handlung oder Äußerung absichtlich oder vorsätzlich geschieht. Es reicht, wenn der Betroffene sie als Belästigung empfindet, wobei es nicht auf jede individuelle Gefühlsregung, sondern auf die Sichtweise des sogenannten objektiven Dritten ankommt.

Welche Rechte hat man als Betroffener?

1.

Als betroffener Arbeitnehmer kann man sich zunächst betriebsintern, z. B. im Personalbüro, beim Betriebsrat oder einer eingerichteten Stelle, wie z. B. Schwerbehindertenvertretung etc. beschweren.

2.

Wenn der Arbeitgeber nichts unternimmt, besteht ein sogenanntes Leistungsverweigerungsrecht. Wenn beispielsweise eine Mitarbeiterin ständig von einem Kollegen berührt wird oder sich anzügliche Sprüche anhören muss und sich dadurch zu Recht sexuell belästigt fühlt, kann sie gemäß § 14 AGG ihre Arbeitsleistung verweigern so lange, bis der Arbeitgeber das Problem gelöst hat. Voraussetzung ist dabei, dass sie sich zuerst im Betrieb beschwert hat (um es beweisen zu können, geschieht das am Besten schriftlich). Außerdem ist anzuraten, dem Arbeitgeber die Leistungsverweigerung im Rahmen der Beschwerde anzudrohen.

3.

Der Arbeitgeber ist sogar verpflichtet, den durch die Benachteiligung entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Schadensersatzpflicht besteht allerdings nur bei Verschulden, also dann nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Hat er z. B. den oben beispielhaft beschriebenen Kollegen weder abgemahnt noch versetzt oder sonst wie sanktioniert, sondern lässt er ihn gewähren, wird also seiner Führungsaufgabe und seiner Fürsorgepflicht der Betroffenen Mitarbeiterin gegenüber in keiner Weise gerecht, hat diese einen Anspruch auf Schadensersatz/Schmerzensgeld gegen den Arbeitgeber, vgl. § 15 Abs. 2 AGG.

Wichtiger Hinweis: Der Anspruch auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld muss innerhalb einer Frist von 2 Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Die Frist beginnt ab Kenntnis des Betroffenen von der Benachteiligung. (Manche Tarifverträge sehen andere Fristen vor. Wer nicht weiß, ob für seinen Betrieb oder auf sein Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag anzuwenden ist, sollte sich beim Betriebsrat erkundigen oder schriftlich in der Personalabteilung. Arbeitgeber müssen eine solche Frage schon aufgrund des Nachweisgesetzes beantworten. Bleiben sie die Antwort schuldig und wird jemand deshalb an der fristgerechten Erhebung eines Anspruchs gehindert, muss der Arbeitgeber den daraus resultierenden Schaden ersetzen. Dieser besteht dann in der Regel in Höhe des Schadensersatzes, den der oder die Benachteiligte bei rechtzeitiger Geltendmachung des Anspruchs nach dem AGG gehabt hätte.)

Lehnt der Arbeitgeber den rechtzeitig geltend gemachten Schadensersatzanspruch ab, kann Klage beim Arbeitsgericht erhoben werden. Dafür ist wiederum eine Frist zu beachten: 3 Monate ab Zugang der Ablehnung. Falls der Arbeitgeber nicht reagiert hat, sollte diese Frist sicherheitshalber ab Datum des Forderungsschreibens berechnet werden.

4.

Wer Schwerbehinderter ist oder einen GdB zwischen 30 und 50 hat, also gleichgestellt ist und auf eine Bewerbung eine Absage erhalten hat, sollte auf jeden Fall sowohl die Stellenanzeige als auch seine Bewerbung und die Absage auf Anhaltspunkte für eine Diskriminierung von einem Arbeitsrechtler prüfen lassen, der sich mit dem AGG auskennt. In solchen Fällen kann ein Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2, S. 2 AGG das Dreifache des für die Stelle vorgesehenen Bruttomonatsgehaltes erreichen.

Susanne Elfering
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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